Geschichte

Die Anfänge der Gräfenberger Badekultur

Von Gerhard Gundelfinger, anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Freibads im Jahr 1998 (vollständiger Flyer).

In alten Zeiten begnügten sich die Gräfenberger Bürger mit einem gelegentlichen Besuch des meist nur samstags geöffneten Badhauses. Dort wurde an den Badetagen das Bachwasser über ein eigenes Wehr in große Bottiche geleitet und mit Holzfeuer erwärmt. Bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts war der damals recht revolutionär anmutende Wunsch nach einer offiziell geduldeten Bademöglichkeit im Freien immer häufiger zu vernehmen. Dieser Gedanke erhielt neuen Auftrieb durch einen königlichen Erlaß aus dem Jahre 1857, der die Errichtung von Badeanstalten bzw. die Verwirklichung von Bademöglichkeiten aus Gründen der Gesundheitsförderung, insbesondere auch für die Landgemeinden, empfahl. Den Verantwortlichen wurde allerdings nahegelegt, streng darauf zu achten, „daß die Erwachsenen den Knaben und Mädchen in Bezug auf Schamhaftigkeit mit gutem Beispiel vorangehen.“

Es dauerte aber noch bis 1892, ehe sich in Gräfenberg 45 honorige  Bürger zusammenfanden und der damaligen Gepflogenheit entsprechend einen Badeverein gründeten.

Hierzu wurde der Weiher an der alten Bayreuther Straße gepachtet und an dessen Ostseite zwei Umkleidekabinen errichtet. Die Schlüssel dazu mußten beim Kaufmann Lauter abgeholt und nach einer halben Stunde Badezeit dort wieder abgeliefert werden. Für Nichtmitglieder wurde eine Gebühr von 20 Pfennigen erhoben. Kinder unter 14 Jahren  durften sich nur in Begleitung Erwachsener ins Wasser begeben. Die Badeordnung schrieb ferner vor, daß in der Zeit von 9 bis 11 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr das Betreten und Benützen der Badeanstalt ausschließlich den Damen vorbehalten war. Ob diese allerdings auch Gebrauch davon machten, ist nicht überliefert.

Die Anfänge des Freibades

Das Gräfenberger Schwimmbad ist sicherlich eines der „dienstältesten“ im Landkreis und hat sein Aussehen im Vergleich zur ursprungliehen Konzeption bis heute kaum verändert. Mit dem Bau des 50 mal 20 Meter großen Beckens  wurde vor nunmehr 60 Jahren im Sommer 1937 begonnen. Damals waren schräge Wände noch recht gebräuchlich, um den Erdaushub zu verringen und somit Beton zu sparen. Bereits im Mai 1938 war das Bad fertiggestellt und stand der Bevölkerung zur Verfügung. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 30.000 Reichsmark.

Anfangs  beschränkte sich der Badebetrieb fast ausschließlich auf das durch einen Holzbalken abgetrennte Nichtschwimmerbecken, da mangels Gelegenheit nur wenige der Einheimischen die „Kunst des Schwimmens“ beherrschten. Doch besonders die Jugend hatte schnell den Dreh heraus und die ersten Mutigen wagten sich – von vielen bestaunt – schon nach kurzer Zeit in das tiefere Wasser unterhalb des Sprungturms. Wer aber gar noch die Tollkühnheit besaß, dort hinaufzusteigen und sich vom Dreimeterbrett mit einem „Köpfer“ in die Tiefe zu stürzen, der konnte sich der Bewunderung durch die übrigen Badegäste sicher sein.

Der eiserne Sprungturm ist inzwischen längst verschrottet. Für Mutproben eignen sich heute lediglich die – vor dem Bau der Wasseraufbereitung – meist recht niedrigen Wassertemperaturen. Wegen der ungünstigen Lage zwischen zwei Anhöhen ist die Sonne nur bei längeren Schönwetterperioden in der Lage, das relativ kalte Quellwasser auf annehmbare Celsiusgrade zu bringen. Ideal für die Befüllung des Schwimmbeckens, wenn auch ungeeignet für den vorgesehenen Zweck der Trinkwasserversorgung wäre das wesentlich wärmere Wasser einer vor 30 Jahren südlich der Stadt niedergebrachten Tiefbohrung gewesen. Aber leider war die Entfernung zu groß und andererseits für einen Badneubau in dieser bedeutend günstigeren Lage kein Geld vorhanden. Auch heute noch wird die notwendige Modernisierung durch die finanzielle Situation verhindert. Dabei sollte im Rahmen des Ausbaus der Egloffsteiner Straße auch  an die Neugestaltung des früher so beliebten und von schattenspendenden Linden umsäumten Fußweges zum Schwimmbad unterhalb des Scheunenviertel gedacht werden.

Das Bad in Nöten

Bereits seit Anfang der 90’ger Jahre war das Gräfenberger Freibad stark sanierungsbedürftig. Ähnlich erging und ergeht es noch heute den meisten Bädern in der Umgebung. Gößweinstein schloss sein Bad und eröffnete es Jahre später mit einer Minimallösung als Naturbad wieder. Auf dem Gelände des Muggendorfer Freibades stehen heute Wohnhäuser. Neunkirchen am Brand baute sein Freibad von 2016 bis 2017 komplett um. Das Freibad in Ebermannstadt wurde privatisiert. In Forchheim wurde das Freibad in ein Ganzjahresbad umgebaut, nach 10 Jahren sind die Wände auf Grund von Fehlplanungen feucht und das Bad erwirtschaftet jedes Jahr etwa eine Million Euro Verlust. Nur Streitberg, Egloffstein und Gräfenberg sind bis heute unverändert sanierungsbedürftig.

Als in den 90’ger Jahren der Sanierungsbedarf des Freibades immer offensichtlicher wurde, hoben im März 1996 Gräfenberger Bürger den Förderverein aus der Taufe. Auch die Attraktivität des Bades wollte dieser steigern und so entstanden auf dessen Initiative bald eine neue Dusche, ein Sandkasten und eine neue Edelstahlrutsche. Auch das jährliche Freibadfest wurde vom Förderverein eingeführt und nimmt inzwischen einen festen Platz im Gräfenberger Festkalender ein. Mitte der 2000er Jahre standen dann Hallenbad und Freibad endgültig zu Disposition, denn die finanzielle Situation der Stadt Gräfenberg wurde immer dramatischer. Als Gräfenberger Bürger in einer Petition den Erhalt des Bades fordern, kommt Bürgermeister Wolf auf die glorreiche Idee jeder von diesen solle doch „einen Obulus für die Sanierung des Bades entrichen“. Schlussendlich erreicht die Bevölkerung, dass eine Schließung ersteinmal vom Tisch ist.

Der große Knall

Mit Bürgermeister Nekolla kam ab 2014 wieder Rückenwind seitens der Stadt für das Bad. Doch zuerst folfte ein Tiefschlag. Im Frühjahr 2016 wollte die Stadt Gräfenberg die Sanierung des Kinderbeckens angehen, dazu wurde das Gesundheitsamt zu einem Ortstermin eingeladen. Am Ende dessen stand eine lange Mängelliste und die vorläufige Schließung des Bades kurz vor Saisonbeginn. Das selbe Schicksal ereilte alsbald das denkmalgeschützt Bad in Streitberg.

Die Schließung des Bades führte zu erheblichem Unmut der Gräfenberger Bevölkerung und auch zu einer Demonstration im Bad. In einer Krisensitzung des Fördervereins wurden kurz nach der Schließung Notfallmaßnahmen diskuttiert. Aus der vereinten Anstrengung von Bürgermeister Nekolla, Förderverein und Stadträten entstand ein Plan der einen ersten Schritt (eine Wasseraufbereitungsanlage) der ohnehin notwendigen Sanierung vorwegnahm. Vor dem Beschluss im Stadtrat demonstrierte die Gräfenberger Bevölkerung vor dem Rathaus für den Erhalt des Bades. Im darauffolgenden Sommer wurde das Bad von der Stadt und dem Förderverein (der erhebliche Eigenleistungen einbrachte) wieder fit für aktuelle Standards gemacht und konnte ab 2017 vorläufig wieder betrieben werden. Gräfenberger Bürger machten sich für einen Erhalt des Bades stark. Damit de Sanierung das Stadtsäckel nicht allzu sehr belasten würde, begann der Kampf der Stadtspitze um Fördermittel. Mehrere Abgeordnete besuchten das Bad und Anfang 2020 kam dann endlich die erlösende Fördermittelzusage. Nun steht die Sanierung des Bades an.